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Stellungnahme der Bundesrepublik Deutschland

zu den im Arbeitsdokument der Kommission vom 29. Juli 1998 aufgeworfenen ergänzenden Fragen zur Konvergenz der Branchen Telekommunikation, Medien und Informationstechnologien

 

Die Bundesrepublik Deutschland sieht auch die ergänzenden Fragen der Kommission durch die Stellungnahme Deutschlands vom 27. April 1998 zum Grünbuch Konvergenz der Branchen Telekommunikation, Medien und Informationstechnologie abgedeckt (die Zusammenfassung der Stellungnahme ist nochmals beigefügt). Vor diesem Hintergrund teilt die Bundesrepublik Deutschland folgendes zu den ergänzenden Fragen aus dem Arbeitsdokument der Kommission vom 29.07.1998 (Sek(98)1284 endg.) mit:

Frage 1 (a. Netze)

Die in dieser Frage angesprochenen „Netze" können u. E. nur Telekommunikationsnetze sein, die als Infrastrukturleistung das technologische Fundament für alle Telekommunikations-, Tele, Medien- und Rundfunkdienste darstellen. Das Kabelnetz etwa ist ein solches Tele-kommunikationsnetz.

Grundsätzlich müßten die Regelungen des allgemeinen Wettbewerbsrechts auch für den Bereich „Zugang zu Netzen" ausreichen. So ist insbesondere im Rahmen der jüngsten GWB-Novelle die Aufnahme einer Vorschrift beschlossen worden, die ein marktbeherrschendes Unternehmen dazu verpflichtet, anderen Unternehmen grundsätzlich Zugang zu den eigenen Netzen oder anderen Infrastruktureinrichtungen zu gewährungen, sofern es sich dabei um wesentliche Einrichtungen handelt.

Das allgemeine Wettbewerbsrecht greift jedoch zu kurz, wenn es sich, wie im Bereich der Telekommunikation, um Märkte handelt, die bislang eine monopolistische Struktur aufwiesen. Damit auch hier der Wettbewerb ermöglicht wird, sollte in der Übergangszeit eine sektorspezifische asymmetrische Regulierung vorgesehen werden, die durch einen effizienz- und wettbewerbsorientierten Regulierungsrahmen umgesetzt werden sollte.

Im Telekommunikationsbereich unterliegen marktbeherrschende Unternehmen - solange sie über eine marktbeherrschende Stellung verfügen - einer besonderen Verhaltensaufsicht. Ansonsten könnten Wettbewerber, die nicht über eigene flächendeckende Infrastrukturen verfügen, nicht nur durch diskriminierende Preisgestaltung, sondern auch durch Verweigerung der Zusammenschaltung mit den existierenden Netzen vom Markt ferngehalten werden. Erfahrungen zeigen, daß sich wettbewerbliche Strukturen und Verhaltensweisen in diesen Märkten nicht allein durch die Aufhebung von Monopolrechten entwickeln. Potentielle Anbieter haben ohne besondere regulatorische Vorkehrungen keine Chance gegenüber dem dominanten Anbieter. Regulierung ist mithin kein Selbstzweck. Es geht darum, neuen Wettbewerbern den Marktzutritt auch gegen die Interessen des etablierten Unternehmens zu ermöglichen. Dafür reichen nachträglich korrigierende Maßnahmen des allgemeinen Wettbewerbsrechts nicht aus.

Zentrales Element der sektorspezifischen Regulierung ist die besondere Mißbrauchsaufsicht gegenüber marktbeherrschenden Unternehmen. Die Grundregel für den Bereich Telekommunikation lautet: Ein Anbieter, der auf einen Markt für Telekommunikationsdienstleistungen für die Öffentlichkeit über eine marktbeherrschende Stellung verfügt, hat Wettbewerbern auf diesem Mark diskrininierungsfrei den Zugang zu seinen intern genutzten und zu seinen am Markt angebotenen Leistungen, soweit sie wesentlich sind, zu den Bedingungen zu ermöglichen, die er sich selbst bei der Nutzung dieser Leistungen für die Erbringung anderer Telekommunikationsdienstleistungen einräumt, es sei denn, daß die Einräumung ungünstigerer Bedingungen, insbesondere die Auferlegung von Beschränkungen, sachlich gerechtfertigt ist.

Konkretisierungen dieser Grundregel finden sich u.a. in der Verpflichtung zur Gewährung eines besonderen Netzzugangs einschließlich der Netzzusammenschaltung, im Entbündelungsgebot - es umfaßt auch den entbündelten Zugang zur Teilnehmeranschlußleitung - und in der Verpflichtung zur Kollokation.

Neben den Regelungen zum besonderen Netzzugang finden sich im Telekommunikationsgesetz auch Vorgaben für sog. allgemeine Netzzugänge. Hier hat der Betreiber eines Telekommunikationsnetzes, sofern er marktbeherrschend ist, allen Nutzern einen gleichwertigen, d. h. diskriminierungsfreien Zugang zu gewähren. Bezogen auf das Kabelnetz etwa bedeutet dies, daß sowohl bezüglich der Programmeinspeiser auf der einen Seite als auch bezüglich der Endkunden (den Anschlußinhabern) auf der anderen Seite grundsätzlich ein Kontrahierungszwang des marktbeherrschenden Unternehmens besteht.

Die volle Wirksamkeit all dieser Regelungen entsteht aber erst in Verbindung mit der Regulierung der Entgelte des marktbeherrschenden Unternehmens. Auch hier findet in der Übergangszeit ein vom allgemeinen Wettbewerbsrecht abweichendes Verfahren Anwendung. Bestimmte Entgelte des marktbeherrschenden Unternehmens bedürfen einer vorherigen Genehmigung durch die Regulierungsbehörde. Anders als im allgemeinen Wettbewerbsrecht, wo erst nachträglich ein Mißbrauchsverfahren eingeleitet werden kann, ist hier ein Ex-ante-Verfahren vorgesehen.

Regelungen allein reichen allerdings nicht aus; für die Umsetzung der Regelungen bedarf es einer effizienten und schlagkräftigen Behörde, die mit den notwendigen Befugnissen zur Umsetzung der Regularien ausgestattet sein muß.

Ziel aller dieser Maßnahmen ist die Herstellung funktionsfähigen Wettbewerbs. Dieser wiederum sowie die begleitenden Regulierungsmaßnahmen haben unmittelbar positive Auswirkungen auf die Verbraucher und sorgen für ein gutes Investitionsklima in Deutschland.

Mit zunehmender Etablierung des Wettbewerbs wird die Notwendigkeit einer besonderen sektorspezifischen Regulierung zwangsläufig abnehmen. Wenn das Ziel der Liberalisierung der Telekommunikationsmärkte, die Einführung eines fairen und chancengleichen Wettbewerbs erreicht ist, wird auch keine sektorspezifische Regulierung mehr notwendig sein. Wann dieser Zeitpunkt erreicht sein wird, läßt sich nicht voraussagen. Die weitere Entwicklung des Wettbewerbs im Telekommunikationsmarkt ist zu beobachten. Abhängig vom erreichten Grad des Wettbewerbs kann dann eine Reduzierung der sektorspezifischen Regulierungstiefe vorgenommen werden.

Frage 1 (b) Digitale Gateways)

Im Bereich Digitale Gateways stellen sich Zugangsprobleme bei der Verbreitung von Rundfunkprogrammen über Kabelnetze und zwar insbesondere dann, wenn der Kunde für individuelle Programme bezahlen muß. Zwei Problembereiche lassen sich hier unterscheiden:

Geregelt ist heute schon der Zugang der Programmanbieter zu den Diensten mit Zugangsberechtigung. Nach der Richtlinie 95/47/EG, die in deutsches Recht umgesetzt wurde, müssen Anbieter von Diensten mit Zugangsberechtigung allen Rundfunkveranstaltern chancengleichen, angemessenen und diskriminierungsfreien Zugang zu ihren Netzen ermöglichen.

Spezialgesetzliche Regelungen für den Zugang der Kunden zu den Zugangsberechtigungssystemen, die ihnen den entschlüsselten Zugang zu den Programmen ermöglichen, gibt es dagegen bislang nicht.

Dieses Problem hat zwei Facetten, die heute zum Nachteil des Kunden noch nicht befriedigend gelöst sind:

Die Bereitstellung der einzelnen Komponenten aus Übertragung und Zugriff sollte im Wettbewerb erfolgen. Wettbewerb kann nur diskriminierungsfrei funktionieren, wenn offene Sytseme, offene Schnittstellen und offene Standards verwendet werden. Im Rahmen der Initiative „ Digitaler Rundfunk" der Bundesregierung wurde dieser Grundsatz als Eckpunkt für den Übergang von der analogen zur digitalen Rundfunkübertragung aufgenommmen. Eine solche „Öffnung" fördert den Wettbewerb, schützt den Verbraucher und schafft günstige Voraussetzungen für Investitionen.

Um in diesem Sinne Einfluß auf die Software innerhalb der Set-Top-Box Einfluß nehmen zu können, bedarf es einer Standardisierung des Application Programm Interfaces- API - durch ETSI. Falls ETSI die erforderliche Standardisierungsarbeit nicht in eigener Zuständigkeit leisten kann, sollte die Kommission einen entsprechenden Standard mandatieren.

 

 

Heute besteht die Gefahr, daß marktmächtige Programmanbieter das Angebot von Set-Top-

Boxen dahingehend beeinflussen, daß über diese jeweils auf ihr eigenes Programmangebot hin optimiert sind und nur bestimmte, von ihnen vorgegebene (proprietäre) Interaktionsmöglichkeiten zulassen. Ob dadurch die Entwicklung einer „universellen" Set-Top-Box behindert wird, die dem Kunden den Zugang auch zu anderen Programmen ermöglicht, bleibt zunächst abzuwarten. Sollte dies der Fall sein, wäre wiederum zu prüfen, ob hier ein Einschreiten der Kartellbehörden wegen Mißbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung geboten ist.

Die von der Kommission gestellten Fragen sind aus unserer Sicht also wie folgt zu beantworten:

Frage 2:

Deutschland ist der Auffassung, daß es sich bei den angesprochenen Bereichen um Schlüsselsektoren für die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Volkswirtschaften handelt.

Deutschland teilt die Auffassung, daß ein klarer, vorhersehbarer und konsistenter staatlicher Regelungsrahmen einer der wesentlichen Vorbedingungen für Investitionen des privaten Sektors im Bereich Telekommunikation, Medien oder Informationstechnologie ist.

 

Die Chancen, die sich aus der zunehmenden Digitalisierung ergeben, müssen in erster Linie vom privatem Sektor wahrgenommen wrden. Ihre Einschätzung in Verbindung mit entsprechenden Ertragserwartungen und daraus folgenden Investitionen ist Sache des einzelnen Unternehmens. Regelungen haben daher möglichst technik- und investitionsneutral zu sein.

Eine koordinierende Tätigkeit des Staates, insbesondere an der Nahtstelle zwischen privatem und öffentlichem Sektor, kann sinnvoll sein. So wurde von Bund und Ländern eine gemeinsame Initiative „Digitaler Rundfunk" gegründet. Sie soll eine Strategie erarbeiten, wie in einem zeitlichen Horizont von etwa 10 Jahren die allgemein verträgliche Umstellung von analoge auf digitale Verbreitung von Hörfunk und Fernsehen erreicht werden kann.

Frage 3:

Die Stellungnahme Deutschlands zu Gründbuch geht ausführlich auf Regulierungsaspekte ein. Ihr ist nichts hinzuzufügen.


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